Geschichte International

Eine katholisch-apostolische Bewegung entsteht

Gerade als sich ihre Hoffnung auf ein vermehrtes Wirken des Heiligen Geistes erfüllte, zerbrach der Gesprächskreis von Gläubigen aus unterschiedlichen Kirchen. Doch das Ende des „Albury-Kreises“ brachte den Anfang der „katholisch-apostolischen Bewegung“.

Wie waren die Berichte über Krankenheilungen in Schottland zu bewerten? Darüber zerstritten sich die ehemaligen Mitstreiter: Henry Drummond, der Gastgeber der Albury-Konferenzen, betete für weitere Geistesgaben. Hugh McNeile, der Ortspfarrer von Albury, schwenkte hingegen bald auf einen Gegenkurs ein.

Erhörte Gebete    

Damit stand der Pfarrer alles andere als allein. Die Mehrheit seiner Amtskollegen bestritt, dass es nach der Zeit der urchristlichen Apostel noch Wunder geben konnte. Bald war davon die Rede, dass die in Schottland Geheilten wahrscheinlich gar nicht richtig krank gewesen seien.
Das meinte zunächst auch ein Londoner Geistlicher, Thomas Fancourt, dessen Tochter seit Jahren fast vollkommen bettlägerig war. Sie litt unter einer Rückgratverkrümmung und Erschlaffen der Muskulatur. Ein Freund der Familie betete jedoch, dass die junge Frau gesund werden möge. Eines Tages im Oktober 1830 fragte er die Patientin: Ob sie glaube, dass Gott sie heilen könne, wenn er es wolle? Als sie dies bejahte, konnte sie tatsächlich aufstehen, und alle vorher sichtbaren körperlichen Gebrechen waren geheilt.

Zweifel der Theologen

Jetzt wusste der Vater, dass ein Wunder geschehen war. Er berichtete darüber voller Freude in einer religiösen Zeitschrift. Zu seinem Entsetzen musste er feststellen, dass seine Amtskollegen die Möglichkeit einer wunderbaren Gebetserhörung leugneten, obwohl sie die Fakten nicht bezweifelten. Sie waren der Meinung, dass Gott nicht mehr in den Verlauf der menschlichen Schicksale eingriff. Ein Arzt, den der Vater hinzuzog, bezeugte hingegen, dass die Heilung „das Ergebnis eines besonderen Eingreifens der göttlichen Gnade und Macht“ sei.

Irvings nicht erhörte Gebete

Unerhört blieben indes die Gebete von Edward Irving. Er war mit 30 Jahren der Pfarrer einer Gemeinde von Schotten in London geworden. Bald war er durch seinen ungewöhnlichen Predigtstil so berühmt, dass sein Kirchenvorstand eine neue Kirche mit Platz für 1800 Gottesdienstteilnehmer bauen ließ. Irving hatte Henry Drummond bei der Durchführung der Albury-Konferenzen geholfen und sich ebenfalls über die Geistesgaben gefreut.

Die Geistesgaben waren allerdings noch nicht in seiner Gemeinde aufgetreten. Als sein zweijähriger Sohn Samuel schwer krank war, betete die ganze Gemeinde mit ihm und seiner Frau, dass der Junge den Eltern erhalten blieb, denn diese hatten schon zwei Kinder im Säuglingsalter verloren. Trotzdem starb Samuel.

Sündlos wie Christus werden

Voller Selbstanklage glaubte Irving, dass Gott ihn nicht erhörte, weil er ein Sünder war. Wie konnte man die Sünde überwinden? Christus konnte über das Verhältnis zwischen sich und seinem Vater sagen: „Er lässt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt“ (Joh 8, 29). Diesen Zustand wollte Irving auch erreichen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass Christus nicht nur wahrer Gott, sondern auch wahrer Mensch war. Daraus folgerte er, dass das Überwinden für ihn genauso schwer wie für alle Menschen gewesen sein musste. Da er aber auch Gottessohn war, habe der Heilige Geist in seiner vollen Kraft in ihm gewirkt. So sei er sündlos geblieben. Nun hoffte Irving, dass er und viele gläubige Christen den Heiligen Geist in solcher Kraft empfangen würden, dass sie auch ohne Sünde zu Gott beten und Wunder tun konnten.

„Babylon“ in der eigenen Kirche

Lange hatte Irving geglaubt, dass der Heilige Geist trotz des schlechten Zustands der Christenheit in seiner Kirche, der Kirche von Schottland, besser als in anderen wirken konnte. Mittlerweile plagten ihn jedoch Zweifel, ob nicht auch sie vom Heiligen Geist verlassen war.

Das hing zusammen mit einem kircheninternen Verfahren gegen drei Geistliche. Während in Schottland über eine Klage gegen Irvings Freunde verhandelt wurde, hielt dieser in seiner Kirche in London Gebetsversammlungen ab. Auch diese Gebete blieben nach Irvings Auffassung unerhört. Denn die Angeklagten unterlagen. Sie konnten nicht mehr als Geistliche der Schottischen Kirche wirken.

Dadurch kam Irving zu dem Schluss, dass auch die Kirche von Schottland von Gott abgefallen sei. Wenn sich also die ganze Christenheit im „geistlichen Babylon“ (vgl. Off 18, 2-4) befand, dann war jeder einzelne Geistliche dafür verantwortlich, dass seine Gemeinde nicht dort blieb. Er sah sich in Anlehnung an die ersten drei Kapitel der Johannes-Offenbarung als Engel der Gemeinde, der allein Christus gehorchte. Er fand Unterstützung bei einigen anderen Geistlichen, die sich auch bald in der Pflicht sahen, als Engel der Gemeinde die Gläubigen aus Babylon herauszuführen.

Zungenreden und Weissagungen

Irving setzte die Gebetsversammlungen fort. Man betete gemeinsam um Geistesgaben. Im Laufe des Sommers sprachen einige Teilnehmer in unbekannten Sprachen, aber auch in verständlichen Worten. Sie spürten, dass ihnen diese Worte eingegeben wurden, und waren überzeugt, dass sie aus dem Heiligen Geist kamen. Irving versuchte darüber zu wachen, dass dies tatsächlich so war. Im eigentlichen Gottesdienst wollte Irving Zungenreden und Weissagung nicht gestatten, gab aber schließlich nach. Natürlich zog die Presse über ihn her, und Neugierige störten die Gottesdienste.

Die Anziehungskraft der Geistesgaben

Außer den Neugierigen kamen aber auch Menschen, die hofften, dass die Geistesgaben die ersten Zeichen einer noch großartigeren Geisteswirksamkeit sein könnten. Denn in vielen Weissagungen war inzwischen von Aposteln die Rede. Einige Besucher wirkten später als Apostel und Propheten. Zunächst aber hatten sie noch viel zu lernen.

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